Thommaso Campanella

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Lebenslauf

  1568

Geburt in Stilo in Kalabrien.

 

Tommaso Campanella stammte aus einer armen und einfachen Familie. Sein Vater sagte, vorgeladen als Zeuge bei einem der Prozesse seines berühmten Sohnes: "Ich hatte gehört, dass mein Sohn in Neapel ein Buch geschrieben hatte. ... Was mich betrifft, so kann ich weder lesen noch schreiben."

 

Campanella wurde als Kind in ein Kloster geschickt.

  1582

Mit 14 Jahren trat er in den Orden der Dominikaner ein und nahm von da an den Namen Thomas an. Später sagte er, dass er in das Klosterleben eintrat, um zu studieren und nicht wegen des Glaubens.

  1586

Mit achtzehn Jahren lernte er die Werke von Bernardino Telesio kennen und war tief beeindruckt von dessen Ideen. Er verliess das Kloster, um ihn in Cosenza aufzusuchen, doch er kam erst kurz nach Telesios Tod dort an.

  1590

Campanella wurde wegen seiner Verteidigungsschriften für Telesio vor ein Gericht gestellt. Drei Jahre später stahl ihm die Geheimpolizei des Papstes während einer seiner Abwesenheiten heimlich alle Manuskripte.

  1594

Campanella wurde wegen seiner Ideen über die Beseelung des Weltalls der Ketzerei beschuldigt. Ihm wurde der Prozess vor der römische Inquisition gemacht. Die Anklage konnte zwar nicht bewiesen werden, dennoch musste er von da an  unter strenger Bewachung in Rom bleiben.

  1599

In der Klosterkirche Stilo predigte er, dass der Augenblick für einen Aufstand gegen die althergebrachte Ordnung gekommen wäre und überzeugte einige politische Flüchtlinge, die in dem Kloster Zuflucht gesucht hatten, von seinen Ideen. Die Verschwörung wurde aber entdeckt und Campanella und seine Verbündeten allesamt verhaftet.
Fünf Monate lang verbrachte Campanella angekettet in einer feuchten und dunklen Zelle. Einige Wochen, bevor der Prozess beginnen sollte, legte er in seiner Zelle Feuer und benahm sich, als hätte er den Verstand verloren. Ob er den Wahnsinn nur vortäuschte, ist unter Historikern nach wie vor umstritten.
Sein Wahnsinn schützte ihn nicht vor neuen, noch grausameren Foltern, einmal vierundzwanzig Stunden lang ohne Unterbrechung.
Der Prozess dauerte ein ganzes Jahr. Campanella wurde zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt.

  1602

Kurz nach seinem Prozess schrieb Campanella sein bekanntestes Werk, den "Sonnenstaat". Der Sonnenstaat muss unter dem Gesichtspunkt zu Campanellas gescheitertem Versuch, eine Republik Kalabrien zu errichten, verstanden werden. Den Sonnenstaat mag er aus Protest geschrieben haben oder einfach um darzulegen, was bei einem Erfolg seiner revolutionären Absichten geschehen wäre.

  1626

Campanella blieb Gefangener in Neapel bis September 1626. Dann wurde er endlich entlassen aus dem Gefängnis.

  1639

Er starb am 21. Mai 1639 in einem Kloster.

die drei Wesenskräfte (Primalitäten)

Wesenskraft positive Umsetzung negative Umsetzung positives Grundprinzip negatives Grundprinzip
Können Macht Ohnmacht Kausalität (necessitas) Zufall (contingentia)
Wissen Weisheit Torheit Geschick (fatum) Einzelfall (casus)
Wollen Liebe Hass Ordnung (harmonia) Glücksfall (fortuna)
  

Nach Camapanella gibt es drei Wesenskräfte oder Primalitäten. Dies sind Können, Wissen und Wollen. Diesen zugeordnet sind Macht, Weisheit und Liebe. In der begrenzt erfahrenen Wirklichkeit wird ihr jeweiliges Gegenteil (Ohnmacht, Torheit, Hass) ebenfalls wirksam.

Erst bei ihrem Vordringen von der begrenzten Welt der Erfahrung in die tiefere Erkenntnis schwinden die negativen Seiten der Wesenskräfte Können, Wissen und Liebe.In einer übergeordneten kosmischen Weltordnung sind diesen Begriffen zugeordnet: Die den Vorgängen zugrunde liegende Kausalität (necessitas), das zur Liebe führende Geschick (fatum) und die aus der Liebe entstehende Harmonie (harmonia).

die 5 Stufen der Erkenntnis

  

Die auf Empfindung gründende Erkenntnis steigt in fünf Stufen auf:

1. mundus situalis: Erkenntnis der Welt durch reine Wahrnehmung der Sinne
2. mundus temporalis et corporalis: Die in den Koordinaten von Raum und Zeit erfahrene Welt
3. mundus sempiternus: Erkenntnis der ewigen Prinzipien der Mathematik und Geometrie
4. mundus mentalis: Begreifen von übergeordneten Kategorien
5. mundus archetypus: Die Welt der Urbilder, die zugleich die Sphäre der unendlichen Vielfalt möglicher Welten ist.

der Sonnenstaat

  
Flash-Film: Sonnenstaat

In seinem Hauptwerk "Civitas solis" stellt Campanella ein visionäres Gesellschaftssystem dar, das die irdische Umsetzung einer göttlichen Ordnung sein soll. Der Sonnenstaat ist ein Gemeinwesen ohne Privateigentum. Es gilt die Arbeitspflicht für alle. Das Gemeinwesen soll der vollen Entfaltung menschlicher Fähigkeiten, insbesondere zum Zwecke neuer Erfindungen, dienen. Alles ist Gemeinbesitz. Die Verteilung aber liegt in den Händen der Behörden.

Der oberste Herr bei ihnen ist ein Priester, den sie in ihrer Sprache Höh nennen. Dieser ist das Oberhaupt aller in weltlichen und geistlichen Dingen, und alle Geschäfte und Streitigkeiten werden letztlich durch sein Urteil entschieden. Drei Würdenträger stehen ihm zur Seite: Fön, Sin und Mor, in unserer Sprache: Macht, Weisheit und Liebe.

Das von körperlichen und geistigen Arbeiten erfüllte Leben, ohne Sorge für den nächsten Tag, das die Sonnenstaat-Einwohner führen, macht sie kräftig und gesund.

Sie beten die Sonne, das Ebenbild Gottes an. Die Sonnenstaat-Einwohner glauben an die Astrologie. Sie haben Priester, die ausschließlich mit der Erforschung der Gestirne beauftragt sind.

 
Höh
Metaphysikus
Fön
Macht
Sin
Weisheit
Mor
Liebe

Die Erziehung der Kinder beginnt sozusagen vor ihrer Geburt, ja schon vor ihrer Zeugung. Die schönsten Frauen werden zur Fortpflanzung ausgesucht und die zeugenden Paare werden nach philosophischen Grundsätzen ausgewählt.

Es gibt Maschinen, die sie bei den landwirtschaftlichen Arbeiten verwenden. Sie besitzen auch Schiffe, die, durch einen sinnreichen Mechanismus getrieben, ohne Segel und Ruder fahren.

Dadurch, dass die Erziehung und der Unterhalt der Kinder der Gesellschaft aufgebürdet wird, verhindern die Sonnenstaat-Einwohner die Bildung von Einzelfamilien. Sie tun das zu dem Zweck, die Gütergemeinschaft aufrechtzuerhalten.

So viele Namen wir für die Tugenden haben, so viele Behörden gibt es bei ihnen; also Großmut, Tapferkeit, Keuschheit, Freigebigkeit, richterliche und bürgerliche Gerechtigkeit, Gewissenhaftigkeit, Wahrheit, Wohltätigkeit, Dankbarkeit, Heiterkeit, Fleiß, Nüchternheit usw. Und zu diesen Ämtern wird jeweils derjenige erwählt, der in der Schule von Kindheit auf zu der entsprechenden Tugend am meisten geneigt erfunden worden ist. (aus dem "Sonnenstaat", über den Aufbau des Idealstaates)
Sie behaupten, dass der Eigentumsbegriff daher komme, dass wir unsere eigenen Wohnungen und eigene Kinder und Frauen haben. Daraus entsteht die Selbstsucht. Denn um den Sohn zu Reichtum und Würden zu bringen und als Erben eines großen Vermögens zu hinterlassen, werden wir alle zu Räubern an dem Gemeinwesen, insofern wir, infolge unserer Herkunft und durch Reichtum mächtig, jegliche Rücksicht und Scheu ablegen oder aber, gering an Kräften, Vermögen und Herkommen, geizig, hinterhältig und heuchlerisch werden. Wenn wir aber die Selbstsucht aufgeben, so bleibt bloss noch die Liebe zur Gemeinschaft übrig. (aus dem "Sonnenstaat")
In der Sonnenstadt sind die öffentlichen Dienste, Künste, Handwerke und Arbeiten unter Alle verteilt, so dass auf den Einzelnen kaum vier Stunden treffen, die er zu arbeiten hat. Die übrige Zeit kann er mit angenehmem Studium, Disputieren, Lesen, Erzählen, Schreiben, spazieren gehen, geistigen und körperlichen Uebungen und mit Vergnügen zubringen. (aus dem "Sonnenstaat")
Im Schlafgemach stehen schöne Bildwerke berühmter Männer, die die Frauen anschauen. Darauf richten sie die Blicke durch das Fenster zum Himmel und bitten Gott, er möge ihnen einen tüchtigen Nachkommen schenken. Sie schlafen in zwei getrennten Kammern bis zur Stunde des Beilagers. Dann aber erhebt sich die Aufseherin und öffnet beide Türen von außen. Diese Stunden bestimmt der Astrologe...
(aus dem "Sonnenstaat", über die Fortpflanzung der Menschen)

Werke

Philosophia sensibus demonstrata
Prodromus philosophiae instaurandae
Apologia pro Galileo
Civitas solis (Der Sonnenstaat)
Atheimus triumphatus
Metaphysica I-III

Weblinks / Literaturverzeichnis

www.utopie1.de
www.philosophenlexikon.de
www.marxists.org